Stimmt es, dass Chlorophyll gegen Hautunreinheiten und beim Abnehmen hilft, außerdem entgiftend und entzündungshemmend wirkt und das Immunsystem stärkt? Kann ich solche Tropfen meiner 16-jährigen Tochter anbieten?
Frage
Ich habe gehört, dass Chlorophyll gegen Hautunreinheiten und beim Abnehmen helfen soll, außerdem soll es entgiftend und entzündungshemmend wirken und das Immunsystem stärken. Auch habe ich gelesen, dass es Körpergerüche neutralisieren kann und die Darmgesundheit fördert. Kann das stimmen? Und wäre es sinnvoll, meiner 16-jährigen Tochter solche Tropfen anzubieten?
Antwort
Für Nahrungsergänzungsmittel darf mit den von Ihnen genannten Aussagen gar nicht geworben werden, zum einen, weil sie wissenschaftlich nicht belegt und damit irreführend sind - das gilt auch für Versprechungen wie "mildert Körper- und Stuhlgerüche". Zum anderen sind krankheitsbezogene Aussagen nicht erlaubt. Auch dürfen Nahrungsergänzungsmittel keine arzneiähnlichen Wirkungen haben.
Es gibt zwar zugelassene Arzneimittel, meist Tabletten oder Kapseln, mit Chlorophyllinen zur Vorbeugung von Mund- oder Körpergeruch hierbei handelt es sich aber um traditionell angewendete Arzneimittel ohne Wirknachweis. Für sie müssen – anders als bei normalen Arzneimitteln – keine klinischen Studien zur Wirksamkeit vorgelegt werden. Hinzu kommt, dass darin definierte Extrakte gemäß Arzneibuch verwendet werden müssen, was bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht vorgeschrieben ist.
Natürlicherweise kommt Chlorophyll als meist grüner Blattfarbstoff in fünf verschiedenen Verbindungen vor allem in grünem Blattgemüse, aber auch in Obst und in Algen vor. In Nahrungsergänzungsmitteln werden oft Chlorophyll-Derivate eingesetzt. Das sind Chlorophylle, die durch chemische Prozesse verändert wurden, um sie beispielsweise stabiler zu machen. Chlorophyll selbst ist zugelassen als Lebensmittelzusatzstoff (E140), der als Lebensmittelfarbstoff verwendet wird.
Einige Kupferderivate der Chlorophylle sind ebenfalls als Lebensmittelfarbstoffe zugelassen (Kupfer-Chlorophylle (E 141(i)), Kupfer-Chlorophylline (E 141(ii))). Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat deren Sicherheit im Jahr 2015 erneut geprüft. Da es zu wenig belastbare Daten gibt, hat sie empfohlen, die bisher zulässige tägliche Aufnahmemenge zurückzunehmen.
Dänemark hat seit 1. Januar 2025 für die Verwendung von Chlorophyllinen in Nahrungsergänzungsmitteln eine Höchstmenge von 200 mg pro Tagesdosis festgelegt. Gesundheitsrisiken insbesondere für Kinder, Schwangere und Stillende können aufgrund fehlender Studien nicht ausgeschlossen werden. Entsprechende Medikamente dürfen erst ab einem Alter von 12 Jahren und von Schwangeren und Stillenden gar nicht genommen werden. Vorsicht ist außerdem bei bestehenden Erkrankungen, Allergien oder Medikamenteneinnahme geboten, denn es wurden bereits unerwünschte Wirkungen wie Durchfälle oder Hautausschläge beobachtet.
Kupfer selbst ist laut Bundesinstitut für Risikobewertung (Link auf: ) für Kinder und Jugendliche als Nahrungsergänzungsmittel generell nicht geeignet. Ob das auch auf Kupfer-Chlorophyllin anzuwenden ist, ist unklar. Achten Sie am besten darauf, dass Kupfer in der Nährwerttabelle gar nicht auftaucht.
Wer hofft, mit Chlorophyll-Tropfen, die Magnesium enthalten, seinen Magnesiumbedarf decken zu können, muss feststellen: Der Magnesium-Gehalt von natürlichem Chlorophyll beträgt weniger als 3 Prozent (Masseprozent; bezieht sich auf den Gewichtsanteil des Stoffes vom Gesamtgewicht). Damit leistet die Zufuhr von 200 Milligramm Chlorophyll pro Tag, wie sie von Herstellern der Nahrungsergänzungsmittel oft empfohlen wird, mit lediglich 6 Milligramm Magnesium keinen nennenswerten Beitrag zur Magnesiumversorgung. Wird mit Magnesium geworben, ist das Produkt zusätzlich mit Magnesium angereichert.
Viele Chlorophyll-Nahrungsergänzungsmittel werden aus Alfalfa (Luzerne) gewonnen, teilweise auch aus Cyanobakterien wie AFA-Algen. Durch den Herstellungsprozess können Chlorophyll-Derivate, genauer: Phäophytine, außerdem neben Magnesium und Kupfer giftige (Schwer-) Metalle wie Aluminium, Blei, Quecksilber oder Cadmium enthalten. Für Nahrungsergänzungsmittel gibt es jedoch Grenzwerte.
Werden Chlorophyll-Nahrungsergänzungsmittel "ganz natürlich" aus bestimmten Algen gewonnen, besteht darüber hinaus die Gefahr, dass neben akkumulierten Schwermetallen auch durch Cyanobakterien gebildete Toxine enthalten sind. Das gilt auch für Produkte aus Blättern oder Gräsern. Diese könnten darüber hinaus mit Bakterien kontaminiert sein. Achten Sie daher auf Aussagen zur Produktqualität oder Qualitätssicherungsmaßnahmen.
Herkömmliche Lebensmittel als Alternative
Die isolierte Zufuhr einzelner sekundärer Pflanzenstoffe, wozu auch das Chlorophyll gehört, wird von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung als nicht empfehlenswert angesehen, da die Gefahr einer zu hohen Aufnahme und dadurch bedingter gesundheitlich abträglicher Wirkungen besteht.
Während die Einnahme von chlorophyllhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln derzeit weder für Jugendliche noch für Erwachsene empfohlen werden kann, ist insbesondere eine gemüse-, aber auch insgesamt pflanzenreiche Ernährung durchaus sinnvoll. Über diese Lebensmittel nehmen wir eine ganze Bandbreite darin enthaltener bioaktiver Substanzen wie sekundäre Pflanzenstoffe auf. Die vorteilige Wirkung auf die Gesundheit hängt vermutlich auch mit der Interaktion verschiedener bioaktiver Substanzen in den Lebensmitteln zusammen.
Auch lohnt es sich, sonst verworfene Obst- und Gemüsestiele, -schalen oder –blätter (beispielsweise Brokkolistiele und –blätter) zu verwenden. Sie enthalten zum Teil nicht unerhebliche Mengen natürlichen Chlorophylls. Außerdem trägt das zur Reduzierung des Lebensmittelabfalls bei. Natürliches Chlorophyll ist nicht wasserlöslich, einzelne Chlorophylle sind aber hitzeempfindlich. Die Garzeiten sollten Sie daher möglichst kurz halten.
Wenn Sie es ganz genau wissen wollen:
Grundsätzlich haben sowohl natürliche als auch chemisch modifizierte Chlorophyll-Derivate das Potential, antioxidativ, antimutagen, antikanzerogen, anti-inflammatorisch und neuroprotektiv zu wirken, sie können einen Einfluss auf die Gewichtsabnahme und das Darm-Mikrobiom haben und wirksam sein gegen endokrine Disruptoren, also Substanzen, die den Hormonhaushalt beeinflussen.
Diese Effekte wurden bisher allerdings nur in Tierversuchen oder in Untersuchungen auf Zellebene gefunden und sind daher nur wenig aussagekräftig. Es gibt nur wenige Humanstudien, die einen Einfluss auf die Gewichtsabnahme, das Darmmikrobiom oder eine Wirkung gegen krebserregende Substanzen nahelegen.
Darüber hinaus sind die existierenden Studien in ihrem Studiendesign sehr unterschiedlich, beispielsweise erschwert der Einsatz vieler unterschiedlicher Chlorophyllverbindungen oder Pflanzenextrakte die Vergleichbarkeit und Aussagen zu Kausalzusammenhängen. Die Wirkung auf den menschlichen Organismus ist also sowohl für natürliche Chlorophylle als auch für synthetisch angepasste Formen bisher weitestgehend unklar, es fehlen belastbare Humanstudien.
Eine sichere Dosis kann außerdem aufgrund fehlender Standardisierung der (Chlorophyll-)Produkte nicht ausgemacht werden.