Ist Mumijo wirklich so ein tolles Heilmittel? Die Werbung verspricht Hilfe bei Entzündungen und Magen-Darm-Problemen.
Frage
Ist Mumijo wirklich ein so tolles Heilmittel? Die Werbung verspricht Hilfe bei Magen-Darm-Problemen und Entzündungen. Manche berichten sogar von heilenden Wirkungen auf Gehirn, Knochen und die Fruchtbarkeit.
Antwort
Mumijo (Shilajit, Asphaltum punjabinum, Mooljoon) ist ein bräunliches asphalt- oder gummiartiges Naturprodukt, eine Art verharzter Humus. Es wird auch als ein während der Verwesung entstandenes Bakterienprodukt aus einer Mischung von Pflanzenresten, Flechten und Harzen beschrieben. Es kommt in zentralasiatischen Bergregionen vor, vor allem in Kasachstan, Kirgisistan, Tibet und Usbekistan. Je nach Alter und geografischer Herkunft hat es wohl eine unterschiedliche Zusammensetzung.
Mumijo wird in der ayurvedischen Heilkunde verwendet. In Deutschland ist Mumijo vor allem in Nahrungsergänzungsmitteln erhältlich. Es wird als "Schwarzes Gold der Erde" beworben. Auch hier gilt: es werden tolle Geschichten über Wunderheilungen und rätselhafte Vorkommnisse erzählt, um davon abzulenken, dass wissenschaftliche Studien Mangelware sind. Studien stammen zumeist aus Russland, Indien oder Irak und haben mit den in der Werbung genannten Anwendungsgebieten wenig bis gar nichts zu tun. Eine aktuelle iranische Studie aus 2023 - veröffentlicht in einer iranischen Fachzeitschrift - kommt zu dem Schluss, dass die Kombination eines bestimmten Mumijo-Extrakt zusammen mit anderen Komponenten vielleicht ein Kandidat bei der Behandlung von Knochenbrüchen und Osteoporose sein könnte. Allerdings gibt es zumindest bei uns dafür entsprechende Medikamente
Aussagen wie "Hervorragende Quelle für eine Reihe von Mineralstoffen, Spurenelementen, Aminosäuren", "erhöht die Widerstandsfähigkeit gegen bakterielle und virale Infektionen" oder "ideal für die Regeneration von geschädigten Geweben und Knochen“ sind weder belegt noch erlaubt. Gleiches gilt für (angebliche) Erfahrungsberichte über heilende Wirkungen auf Gehirn, Knochen und die Fruchtbarkeit. Die Studienlage gibt das nicht her. Positive Erfahrungen haben oft auch mit einem Placebo-Effekt zu tun. Darüber hinaus ist jeglicher Krankheitsbezug für Nahrungsergänzungsmittel verboten.
Was sich genau in den erhältlichen Produkten befindet, ist (gesetzeswidrig) meist nicht nachvollziehbar. Einige Hersteller werben mit einem besonders hohen Gehalt an Huminsäure und Fulvinsäure.
Bei den Fulvinsäuren handelt es sich um eine Gruppe organischer Säuren mit uneinheitlicher Zusammensetzung. Sie entstehen ebenso wie die Huminsäuren bei der Zersetzung von Pflanzenmaterial. Zwar hat man festgestellt, dass Huminsäuren eine Wirkung auf ein gesundes Mikrobiom ("Darmflora") haben, wissenschaftliche Studien an Menschen, die belegen, dass Huminsäuren bei Magen-Darm-Problemen helfen bzw. Entzündungen lindern, sind allerdings Mangelware.
Bei Fulvinsäuren gibt es Hinweise mit Blick auf chronische Entzündungen. Allerdings gilt das nicht für Nahrungsergänzungsmittel, da hierfür eindeutig definierte Substanzen (Standardisierung auf bestimmte Inhaltsstoffe) fehlen. Außerdem dienen sie nicht zu Behandlung von Krankheiten, sondern lediglich zur Ergänzung fehlender Bausteine im Speiseplan.
Fulvinsäure (Fulvic Acid) selber gilt laut EU-Novel-Food-Katalog als neuartig in Nahrungsergänzungsmitteln und herkömmlichen Lebensmitteln und bedarf daher einer Zulassung durch die EU. Aktuell ist Fulvinsäure als Zutat nicht erlaubt.
Huminsäuren sind in der Lage Stoffe zu binden. Doch neben der Bindung "giftiger" Stoffe können sie auch Nährstoffe im Darm binden, was zu einer Nährstoffunterversorgung führen kann. Auch Medikamente können gebunden werden und damit ihre Wirkung verlieren. Mehr dazu lesen Sie im Beitrag "Detox – gesünder durch Entgiftung?". Genaue Details (ab welcher Dosierung etc.) liegen für Huminsäuren allerdings nicht vor. Huminsäure (Humic Acid) darf (nur) in Nahrungsergänzungsmitteln als Zutat verwendet werden.
In der Vergangenheit sind Mumijo-Produkte immer wieder wegen erhöhter Gehalte an Schwermetallen bzw. nicht zugelassenen krankheitsbezogenen Aussagen aufgefallen. Achten Sie auf Produkte, bei den der Anbieter explizit auf eine Kontrolle der Schwermetallgehalte hinweist.
Zum Weiterlesen:
Rein pflanzlich heißt nicht immer harmlos