Das Wichtigste in Kürze:
- Nahrungsergänzungsmittel vermitteln den Eindruck, dass sie bei Kindern die Abwehrkräfte stärken oder die Konzentrationsfähigkeit erhöhen.
- Wir haben 33 Nahrungsergänzungen geprüft. Die Produkte sind meist zu hoch dosiert, was zu unerwünschten Wirkungen führen kann.
- Formen wie Bärchen und bunte Comicfiguren ähneln Süßigkeiten, vermitteln Spaß und Genuss. Sie täuschen darüber hinweg, dass Sie die Dosierempfehlungen unbedingt einhalten sollten.
- Sie sind nicht wirklich kindgerecht zusammengesetzt und in den meisten Fällen schlichtweg überflüssig. Eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und Bewegung an der frischen Luft sind und bleiben die Voraussetzung für eine gute Entwicklung der Kinder.
- Sie sollten Kindern Nahrungsergänzungsmittel nur auf kinderärztlichen Rat hin geben.
Bunte Drops und lustige Bärchen mit Vitaminen: Nahrungsergänzungsmittel für Kinder machen einen nützlichen und harmlosen Eindruck, sollen die Abwehrkräfte stärken oder die Konzentrationsfähigkeit erhöhen. Jedes zehnte Kind bekommt täglich Nahrungsergänzungsmittel oder mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherte Lebensmittel, einige sogar beides. Getrieben durch die Werbung der Hersteller sind Eltern offenbar schnell in Sorge, dass der Nachwuchs zu wenig Nährstoffe aufnimmt, kränkelt oder in der Schule nicht mitkommt.
Was ist dran an den Versprechungen? Im Rahmen des Projekts Klartext Nahrungsergänzung haben die Verbraucherzentralen bereits 2018 26 Nahrungsergänzungen auf Zusammensetzung und Werbeaussagen geprüft. Das Ergebnis: Die Produkte waren meist zu hoch dosiert, was zu unerwünschten Wirkungen führen konnte. Die Nachfolgeuntersuchung 2023 mit 33 Produkten (davon 24 "alte") zeigt, dass sich daran wenig geändert hat.
Folgen können Kopfschmerzen, Übelkeit oder Müdigkeit sein
Unser Marktcheck belegt Nachteile von Nahrungsergänzungsmitteln für diese junge Zielgruppe.
Bei 70 Prozent der Produkte lag mindestens eines der Vitamine oder Mineralstoffe über dem Referenzwert der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für 4- bis 7-Jährige. Fast 40 Prozent der Produkte überschreiten sogar die vom Bundesinstitut für Risikobewertung vorgeschlagenen sicheren Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln, oder sie lagen an der Grenze. Das ist besonders kritisch, denn diese Höchstmengen sind nur für Personen ab 15 Jahren vorgesehen.
So können sich hohen Dosen an fettlöslichen Vitamin A oder D im Körper anreichern und sich in Form von Kopfschmerzen, Übelkeit oder Müdigkeit negativ auf die Gesundheit auswirken. Manche Nährstoffe sollten Kindern aus Gesundheitsgründen gar nicht gegeben werden, etwa Kupfer.
Um gesundheitsbezogene Angaben verwenden zu dürfen – für Kinder sind nur sehr wenige zugelassen -, geben viele Produkte als Zielgruppe die ganze Familie an. Lediglich die Dosierempfehlungen ändern sich. Kinder sind aber keine kleinen Erwachsenen und haben andere Bedürfnisse.
Bonbons oder Bärchen können mit Süßigkeiten verwechselt werden
Der Gesetzgeber sollte verbindliche Höchstmengen für Nährstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln festlegen und dabei die spezifischen Bedürfnisse von Kindern, unterschieden nach Altersgruppen, berücksichtigen. Vor dem Hintergrund des Vorsorgeprinzips sind aus Sicht der Verbraucherzentralen bis zu einer solchen verbindlichen Regelung Nahrungsergänzungsmittel für Kinder keine ausreichend sichere Produktgruppe.
Vor allem Produkte in Form von Bonbons oder Bärchen bergen die Gefahr, mit Süßigkeiten verwechselt und in größeren Mengen verzehrt zu werden. Außerdem schlagen die Nahrungsergänzungsmittel des Marktchecks 2018 mit bis zu 500 Euro pro Kind im Jahr zu Buche – ohne erwiesenen Nutzen. 2023 wurden keine Preise erhoben.
Ausgewogene Ernährung, Schlaf und Bewegung sind wichtig
Die gesundheitsbezogenen Angaben auf den Verpackungen waren zwar überwiegend zulässig, aber eigentlich auf Erwachsene bezogen. Man kann sie nicht mit denen für Kinder kombinieren. Danach scheinen Vitamin C und Zink wichtig für das (normale) Immunsystem von Erwachsenen zu sein. Für Kinder ist wiederum Vitamin D wichtig.
Insgesamt vermitteln die verwendeten Angaben oft ein falsches Bild. Denn eine übermäßige Zufuhr von Nährstoffen führt weder zu einer Verbesserung des Immunsystems noch zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit, der Konzentration oder der Gehirnfunktion.
Der Gesetzgeber ist gefordert, die Regeln hinsichtlich einer Vermischung von Claims eindeutiger zu formulieren. Auch Veränderungen des vorgegebenen Wortlauts durch Weglassen oder Hinzufügen von Worten dürfen nicht hingenommen und müssen geahndet werden.
Mehr zu den Forderungen an den Gesetzgeber finden Sie in diesem Positionspapier.
Eltern müssen besser über Risiken aufgeklärt werden, die durch die Aufnahme von Nahrungsergänzungsmitteln auftreten können. Kinder benötigen in der Regel keine Nahrungsergänzungen. Eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und Bewegung an der frischen Luft sind und bleiben die Voraussetzung für eine gute Entwicklung der Kinder.
Weitere Informationen zu Nahrungsergänzungsmitteln für Kinder finden Eltern im verlinkten Beitrag. Welche Darreichungsform am besten geeignet ist, können Sie in diesem Artikel nachlesen.
Marktcheck: Nahrungsergänzungsmittel für Kinder 2018
Nachuntersuchung: Nahrungsergänzungsmittel für Kinder (2023)