Coenzym Q10-Produkte – ist ein Nutzen wirklich bewiesen?

Stand:
Ohne Coenzym Q10 würde nichts mehr funktionieren. Doch sind wir deshalb auf Kapseln angewiesen?
Coenzym Q10

Das Wichtigste in Kürze:
Vorsicht, Wechselwirkungen möglich!

  • Coenzym Q10 wird in allen lebenden Körperzellen zur Energiegewinnung benötigt.
  • Es wird sowohl über viele Lebensmittel aufgenommen als auch im Körper selbst produziert.
  • Es gibt keine wissenschaftlichen Belege für gesundheitliche Vorteile von Q10-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln bei gesunden Menschen. Eine Extra-Zufuhr ist unnötig.
  • Achtung: Wechselwirkungen mit Blutgerinnungshemmern (Vitamin K-Antagonisten), Asthma-Mitteln und bei Strahlentherapie möglich.
  • Zu hohe Dosierungen können zu Schlaflosigkeit, Durchfall, Übelkeit, Appetitverlust und Unwohlsein führen.
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Was steckt hinter der Werbung zu Coenzym Q10?

Die Zahl der erhältlichen Produkte, die die Nahrung mit Coenzym Q10 ergänzen sollen, ist mittlerweile riesig. Der Stoff wird entweder einzeln oder in Kombination mit Vitaminen, Mineralstoffen und Pflanzenextrakten angeboten. Es wird sowohl als „Manager-Pille“ als auch als Anti-Aging-Mittel für Herz und Hirn angepriesen.

Ob und ab welchen Dosierungen Coenzym Q10 aus Nahrungsergänzungsmitteln bei Menschen nützlich ist, ist jedoch sehr unklar. Alle bisher von Herstellern eingereichten und von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüften Werbeaussagen sind als wissenschaftlich nicht belegt bewertet worden. Dazu gehören beispielsweise Behauptungen, die einen Nutzen von Q10 hinsichtlich der Energiegewinnung, des Blutdrucks, des Schutzes vor oxidativen Schäden, kognitiver Funktionen, des Cholesterinspiegels oder zur Leistungssteigerung versprechen. Sie tragen den Status "non-authorised", sind also nicht zulässig und als Werbeaussagen verboten.

Ein behandlungsbedürftiger Mangel an Q10 bzw. körperliche Mangelerscheinungen sind bisher nicht bekannt.

Zwar werden bei Personen mit Herzerkrankungen in der ärztlichen Therapie unter permanenter Kontrolle positive Effekte durch hochdosiertes Q10 erzielt, das lässt aber keinerlei Rückschlüsse auf eine Verwendung von Q10 zur Nahrungsergänzung zu. Außerdem kann Q10 unter Umständen nötig sein, wenn Sie ärztlich verschrieben Statine zur Cholesterinsenkung nehmen. Dadurch wird nämlich die körpereigene Q10-Produktion gehemmt. Fragen Sie deswegen bitte in Ihrer Arztpraxis nach.

Q10-haltige Nahrungsergänzungsmittel werden teilweise auch damit beworben, Muskelschmerzen zu reduzieren. Die Studienlage dazu ist widersprüchlich, von unzureichender Qualität und/oder ohne Dokumentation möglicher Nebenwirkungen bzw. unerwünschter Begleiterscheinungen. Und, die Linderung von Schmerzen ist nicht Aufgabe von Nahrungsergänzungsmitteln. Sicherer ist es auf jeden Fall bei Muskelschmerzen ein eventuell vorhandenes Defizit zunächst durch Coenzym Q10-reiche Lebensmittel wie fetten Fisch, Nüsse, Hülsenfrüchte oder Leber auszugleichen.

Besonders Obacht sollte bei im Internet oder im Verkaufsfernsehen angepriesenen Mitteln gegeben werden. Gerade hier werden den Q10-Produkten häufig nicht bewiesene Wirkungen zugesprochen, teilweise werden als Beleg nicht aussagekräftige Studien herangezogen.

Ebenfalls nicht zulässig sind Aussagen zur Verbesserung des Hautbildes (z.B. Falten, starke Unreinheiten), Stärkung der Nerven oder Aktivierung der Fettverbrennung. Auch ein Schutz vor Migräne (geringe Evidenz) und Hilfe bei Tinnitus ist wissenschaftlich nicht belegt. Ganz im Gegenteil sollte, so die Leitlinie, bei chronischem Tinnitus auf Nahrungsergänzungsmittel verzichtet werden.

Worauf sollte ich bei der Verwendung von Coenzym Q10-Produkten achten?

  • Q10 gehört zu den sonstigen Stoffen mit ernährungsphysiologischer Wirkung in Nahrungsergänzungsmitteln. Im Gegensatz zu Vitaminen und Mineralstoffen gibt es hier keine Vorschriften hinsichtlich der einzusetzenden Stoffverbindungen. Angeboten werden meist Ubichinon (vollständig oxidierte Form) und neuerdings auch Ubichinol (vollständig reduziert). Letzteres soll vom Körper schneller aufgenommen und verwertet werden – wofür es allerdings keine Notwendigkeit gibt.
     
  • Laut Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin bestehen bei einer Aufnahmemenge von 10-30 Milligramm täglich keine gesundheitlichen Bedenken. Produkte mit diesen Dosierungen werden in Deutschland seit 1992 angeboten und gelten als sicher.
     
  • Mit einer Sondererlaubnis (Allgemeinverfügung) dürfen auch Nahrungsergänzungsmittel mit einer höheren Dosierung (100 mg pro Tag) verkauft werden. Diese müssen jedoch einen Warnhinweis tragen, dass das Produkt nicht von Schwangeren, Stillenden, Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren verzehrt werden soll.
     
  • Der Begriff „hochdosiert“ ist nicht geregelt und wird für die verschiedensten Dosierungen verwendet. Vorsicht, wenn zusätzlich Piperin oder Pfefferextrakt als Zutaten angegeben wird, da diese zu einer unkontrollierbaren höheren Aufnahmerate führen könnten.
     
  • Vorsicht ist jedoch bei höheren Dosierungen (> 100 mg täglich) des Coenzyms geboten, die sich häufig in über das Internet vertriebenen Produkten finden. Nebenwirkungen wie Schlaflosigkeit, Sodbrennen, Durchfall, Übelkeit, Appetitverlust und Unwohlsein, Reizbarkeit und Hautausschlag sind hier nicht auszuschließen.
     
  • In Untersuchungen wurde bei bis zu 300 mg/Tag neben den gastrointestinalen Störungen ein Anstieg von Laktatdehydrogenase oder GOT sowie bei Sportlern nach mehreren Tagen intensiven Trainings eine erhöhte Aktivität der Plasma-Kreatinkinase beobachtet - Hinweise auf mögliche Zellschädigungen.
     
  • Langzeitstudien zur alleinigen Einnahme von Coenzym Q10 – vor allem bei verschiedenen Altersgruppen – existieren praktisch nicht, sodass mögliche chronische Auswirkungen nicht eingeschätzt werden können. Es gibt lediglich eine Studie mit einer Laufzeit von vier Jahren, in der der Einsatz von Q10 (200 mg pro Tag) in Kombination mit Selen bei älteren Menschen mit anfangs sehr niedrigen Q10-Werten untersucht wurde. Von Unverträglichkeiten oder unerwarteten Wirkungen wird dort nicht berichtet. Aber möglicherweise wurde dort auch nur eine wodurch auch immer hervorgerufene Unterversorgung behoben, so dass es nicht zu schädigenden Einflüssen kam.
     
  • Achtung Wechselwirkung: Wenn Sie Medikamente zur Hemmung der Blutgerinnung (Antikoagulantien) einnehmen, sollten Sie Q10 (insbesondere Mengen von mehr als 100 mg/Tag) nur nach ärztlicher Rücksprache nehmen. Das Coenzym ähnelt strukturell dem fettlöslichen Vitamin K und könnte die Wirksamkeit der Medikamente herabsetzen. Ebenfalls sind Wechselwirkungen (wie bei anderen Antioxidantien auch) bei einer Strahlentherapie sowie bei der Einnahme von bestimmten Asthma- und Lungenmedikamenten mit dem Wirkstoff Theophyllin möglich. Mehr dazu finden Sie in diesem Artikel im Abschnitt Q10.
     
  • Von den Nahrungsergänzungsmitteln abzugrenzen sind hochdosierte Q10-haltige Therapien mit Arzneimitteln, die unter ärztlicher Kontrolle in der Behandlung von Herzerkrankungen eingesetzt werden.

Wofür braucht der Körper Coenzym Q10?

Hinter dem Vitaminoid "Coenzym Q10", auch genannt Q-10, Ubichinon-10 oder UQ, verbirgt sich ein fettlösliches Molekül, das in seiner Struktur dem Vitamin K und dem Vitamin E ähnelt. Q10 ist für gesunde Menschen nicht essentiell, da sie aus den Aminosäuren Phenylalanin bzw. Tyrosin sowie aus Mevalonsäure ausreichende Mengen an Coenzym Q10 selbst bilden können. Die beiden Aminosäuren sind Bestandteile von Nahrungsprotein und vor allem in Gemüse, Nüssen, Milchprodukten, Fleisch und Fisch enthalten. Mevalonsäure ist vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten.

Q10 spielt eine große Rolle bei der Energiebereitstellung in den Körperzellen. Aus diesem Grund kommt es vor allem in Lunge, Leber und Herz vor, also den Organen, die viel Energie benötigen. Als Ubichinon (ubique = überall) wird Coenzym Q10 in allen lebenden Zellen benötigt und hergestellt. Weiterhin fängt es schädliche Sauerstoffverbindungen ab und ist somit ähnlich wie Vitamin E als Antioxidans aktiv. Wie viel Coenzym Q10 der Körper insgesamt pro Tag benötigt / herstellt, ist nicht bekannt.

Mit zunehmendem Alter nimmt die Q10-Konzentration in verschiedenen Geweben deutlich ab. Davon ist vor allem das Herz betroffen. 80-Jährige haben im Vergleich zu 20-Jährigen nur noch etwa 60 Prozent des Q10-Gehaltes im Herzen. Inwieweit es sich dabei aber um Auswirkungen des normalen Altersprozesses handelt und ob diese durch eine Supplementierung aufgehalten werden können oder ob durch eine zusätzliche, kontrollierte Gabe von Q10 im Alter weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorkommen, wird noch diskutiert. Das erklärt aber die oft gesehene Werbung für Q10-Produkte als Anti-Aging-Mittel, "Jungbrunnen" oder "Energie-Vitamin".

Bestimmte Medikamente, z.B. cholesterinsenkende Statine, hemmen die körpereigene Q10-Bildung. Dadurch kommt es zu einer Abnahme der Q10-Konzentration in den Zellen. Einige Studien zeigten eine deutliche Abnahme um bis zu 50 Prozent von Q10 unter einer Statin-Therapie. Inwieweit die Verwendung eines Q10-Produkts (und in welcher Dosierung) bei einer solchen Dauertherapie sinnvoll ist, muss der Arzt entscheiden. Gleiches gilt für Personen mit einer Phenylketonurie.

Möglicherweise kann die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln mit wasserlöslichem Q10 (Ubichinol) auch für Diabetiker hilfreich sein, das sollte aber ebenfalls im Vorfeld mit dem Arzt besprochen werden.

Kann ich meinen Tagesbedarf über die Nahrung decken?

Es gibt verschiedene Wege, über die Coenzym Q10 für den menschlichen Organismus bereitgestellt wird. Als fettlöslicher Stoff ist es vor allem in fetthaltigen Lebensmitteln zu finden. Tierische Lebensmittel enthalten hohe Mengen Q10, vor allem Fleisch, Fisch, Geflügel, Leber, Ei und Butter. In pflanzlichen Lebensmitteln sind geringere Mengen zu finden, mit Ausnahme von Speiseölen wie Soja-, Raps- und Sesamöl sowie Hülsenfrüchten, Soja und Nüssen. Mit der Nahrung werden 5 bis 10 Milligramm Coenzym Q10 täglich aufgenommen.

Der Körper ist aber auch in der Lage, das Vitaminoid aus den Aminosäuren Phenylalanin und Tyrosin sowie aus der in Pflanzen vorkommenden "Mevalonsäure" selber zu bilden. Ebenso ist eine Umwandlung anderer in der Nahrung enthaltenen Ubichinone mit kürzerer Kohlenstoffkette wie Q8 und Q9 möglich. Voraussetzung für die körpereigene Bildung ist allerdings eine ausreichende Versorgung mit B- Vitaminen und Vitamin E.

Somit wäre eine Aufnahme von Q10 über die Nahrung nicht notwendig, eine zusätzliche Nahrungsergänzung ist für Gesunde dementsprechend überflüssig.

Demzufolge ist ein Mangel an Coenzym Q10 sehr selten, in der Allgemeinbevölkerung sind keine Mangelsymptome bekannt.

 

Quellen:


MSKCC (2023): Coenzyme Q10. Stand: 13.09.2023, abgerufen am 13.11.2023

Bundesinstitut für Risikobewertung (2023): Coenzym Q10: Was ist über gesundheitliche Risiken bekannt – und was nicht?  Stand: 10.11.2023

Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin(2001): Ernährungsmedizinische Beurteilung von Werbeaussagen zu Coenzym Q10, abgerufen am 13.11.2023

EU-Register für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, abgerufen am 13.11.2023

Medizin transparent (2021): Coenzym Q10: Hilfe bei Muskelschmerzen?, Stand: 05.10.2021 , abgerufen am 13.11.2023

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Gesundheitsinformation.de: Migränevorbeugung für Erwachsene. Stand: 13.07.2022, abgerufen am 13.11.2023

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Ritzko M (2019): Mit Ubichinol gegen Diabetes-Folgeschäden. Ernährung im Fokus (2), S. 131

arznei-telegramm (2010): Coenzym Q10: Zusatz bei Statintherapie erforderlich?, abgerufen am 13.11.2023

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European Food Safety Authority (EFSA) (2010): Scientific Opinion on the sub-stantiation of health claims related to coenzyme Q10 and contribution to normal energy-yielding metabolism (ID 1508, 1512, 1720, 1912, 4668), maintenance of normal blood pressure (ID 1509, 1721, 1911), protection of DNA, proteins and lipids from oxidative damage (ID 1510), contribution to normal cognitive function (ID 1511), maintenance of normal blood cholesterol concentrations (ID 1721) and increase in endurance capacity and/or endurance performance (ID 1913) pursuant to Article 13(1) of Regulation (EC) No1924/2006

Gröber U: Arzneimittel und Mikronährstoffe, 2. neu bearbeitete Auflage 2012. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, S. 251

Hahn A (2006): Nahrungsergänzungsmittel und ergänzende bilanzierte Diäten. 2. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, S. 337-342

Hahn A et al. (2005): Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, S. 117ff

Königshoff, M.; Brandenburger, T. (2012): Kurzlehrbuch Biochemie, 3., überarbeitete Auflage, Georg Thieme Verlag: Stuttgart/New York

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