Das Wichtigste in Kürze:
- Dass Nahrungsergänzungsmittel mit Apfelessig-Pulver die Verdauung fördern, als Schlankheitskur wirksam sind oder das Aussehen verbessern, ist nicht belegt.
- Der angepriesene Vitamingehalt der Kapseln stammt nicht aus dem Apfel, sondern aus zugesetzten Vitaminen.
Was steckt hinter der Werbung zu Apfelessig-Produkten?
Apfelessig wird als "Allheilmittel" beworben. Da das Trinken von Wasser mit Apfelessig nicht jedermanns Geschmack ist, gibt es auch Nahrungsergänzungsmittel mit Apfelessigpulver. Apfelessig soll nicht nur bei Verdauungsbeschwerden helfen, sondern auch bei Asthma, Warzen, Wetterfühligkeit, Kopfschmerzen, Ohrgeräuschen oder Hämorrhoiden.
Zudem wird er als unverzichtbarer Helfer bei Diabetes und zu hohem Cholesterinspiegel angepriesen. Insbesondere gilt er aber als natürliches Schönheitsmittel und als "bioaktiver Fatburner", der eine fettfreisetzende und fettreduzierende Wirkung haben und somit beim Abnehmen helfen soll.
Allerdings gibt es dafür keinerlei wissenschaftliche Nachweise. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat festgestellt, dass es für eine verdauungsfördernde Wirkung von Apfelessig (als Pulver) keine ausreichenden Belege gibt. Auch die Förderung der Fettverbrennung oder der Hautgesundheit oder -schönheit durch das Einnehmen von Apfelessig in Kapselform ist nicht nachgewiesen.
Es gibt Studien mit geringen Teilnehmerzahlen, die einen Einfluss von Essig auf den Insulinstoffwechsel sowie von Apfelessig auf die Sättigung von Ratten bei fettreicher Kost gezeigt haben. Studien aus dem Libanon und dem Iran bei stark übergewichtigen Jugendlichen zeigen gewichtsreduzierende Effekte von minus 10 Prozent binnen 12 Wochen bei einem Esslöffel Apfelessig auf ein Glas Wasser. Der Wirkmechanismus wird aber nicht aufgezeigt. In anderen Ländern wird mit Granatapfelessig getestet. Bereits 2014 sollen in Korea gute Erfolge gegen Bauchfett erzielt worden sein.
Diese Studienergebnisse sind jedoch nicht auf das in Nahrungsergänzungsmitteln enthaltene Pulver oder gar die Kapseln selber übertragbar.
Welche Inhaltsstoffe sind in Apfelessigkapseln enthalten?
Die meisten Kapseln enthalten Apfelessigextrakt, einige zusätzlich Apfelpektin und Apfelfasern. Dabei kann sich die Zusammensetzung des Extrakts je nach Herstellungsverfahren unterscheiden.
Apfelpektin und Apfelfasern können als Ballaststoffe eine leicht sättigende Wirkung haben, wenn gleichzeitig ausreichend getrunken wird.
Apfelessig enthält geringe Mengen an Mikronährstoffen. Wie viele von ihnen tatsächlich in den Apfelessigkapseln landen, ist fraglich. Herstellerinformationen dazu sind eher spärlich bis gar nicht vorhanden. Einigen Apfelessig-Nahrungsergänzungsmitteln werden synthetische B-Vitamine wie B1, B2 oder B6, Vitamin C, Folsäure oder Biotin zugesetzt.
Mit der Natürlichkeit ist es dann nicht mehr so weit her. Um das zu erkennen, hilft der Blick auf die Zutatenliste: Synthetisch erzeugte Vitamine werden meist mit ihrem Namen, wie z.B. Vitamin C / Ascorbinsäure aufgeführt. Stammt das Vitamin aus einer natürlichen Quelle, steht dort "Vitamin C aus Acerola-Extrakt".
Tipp: Sie können Apfelessig als Salatzutat oder Gewürz ohne Bedenken verwenden. Es spricht auch nichts dagegen, ein bis zwei Teelöffel Obstessig einzunehmen – mit oder ohne Wasser. Bevor Sie jedoch versuchen, Beschwerden selbst zu behandeln, sollten Sie besser zunächst in der Arztpraxis nachfragen. Und: Sollten Sie regelmäßig puren Apfelessig einnehmen, spülen Sie den Mund mit Wasser nach und putzen Sie nicht unmittelbar danach die Zähne. Die Säuren des Essigs können den Zahnschmelz angreifen.
Was ist Apfelessig?
Für Apfelessig werden Äpfel zu Apfelwein gekeltert. Dieser wird dann unter Zusatz von Essigsäurebakterien zu Apfelessig fermentiert. Nur ein Teil der im Apfel enthaltenen Vitamine und sekundären Pflanzenstoffe geht in den Essig über, bei naturtrübem Essig mehr als bei klarem. Dessen Mineralstoffgehalt pro 100 Gramm entspricht in etwa dem von 100 Gramm Äpfeln.
Allerdings ist er nicht so hoch, dass er besonders angepriesen werden dürfte. Dafür müssen nämlich – so will es das Gesetz - mindestens 15 Prozent der sogenannten Referenzmenge (NRV) in 100 Gramm enthalten sein. Das wird weder für Kalium noch für Magnesium oder Calcium erreicht. Davon abgesehen: So große Mengen Apfelessig nimmt man in der Regel nicht zu sich.
Quellen:
Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to apple cider vinegar and bowel motor function (ID 1377) pursuant to Article 13(1) of Regulation (EC) No 1924/2006, EFSA Journal 2009; 7(9):1230-40, doi:10.2903/j.efsa.2009.1230, abgerufen am 06.11.2024
Ostman E et al. (2005): Vinegar supplementation lowers glucose and insulin responses and increases satiety after a bread meal in healthy subjects. Eur J Clin Nutr. 59 (9): 983-8
Bouderbala H et al. (2016): Anti-obesogenic effect of apple cider vinegar in rats subjected to a high fat diet. Ann Cardiol Angeiol 65 (3): 208-13. doi: 10.1016/j.ancard.2016.04.004
Shermling R: Apple cider vinegar diet: Does it really work? Harvard Health Publishing, Stand: 15.06.2023, abgerufen am 06.11.2043
Tehran SD et al. (2023): The Effects of Apple Cider Vinegar on Cardiometabolic Risk Factors: A Systematic Review and Meta-analysis of Clinical Trials. Current Medicinal Chemistry
Park JE (2014): Pomegranate vinegar beverage reduces visceral fat accumulation in association with AMPK activation in overweight women: A double-blind, randomized, and placebo-controlled trial. Journal of Functional Foods (8): 274-281